Tagungsticker 11.05.2022

Herzlich Willkommen beim Tagungsticker am Mittwoch, 11.05.2022

 

Personenstandswesen im Wandel – Namensrecht, Geschlechteridentität, Privatscheidungen, Registermodernisierung, elektronische Sammelakte und vieles mehr fordern die Standesbeamtinnen und Standesbeamten heraus

 

Der letzte Tag der Fachtagung beginnt mit einem Vortrag von Walter Königbauer, Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration zum Thema „Registermodernisierung im Standesamt“. In der heutigen Behördenlandschaft existieren über eine Person unterschiedliche, teilweise auch voneinander abweichende Daten. Ziel des Registermodernisierungsgesetzes und der damit eingeführten Identifikationsnummer ist es, diese unterschiedlichen Daten über diese Nummer einer Person sicher zuordnen zu können, die Datenqualität zu verbessern und im Sinne des „Once-only-Prinzips“ Bürgeranliegen zu vereinfachen. Innerhalb von fünf Jahren nach dem schrittweisen Inkrafttreten der Vorschrift muss die ID-Nummer in den 51 Registern, die im IDNrG genannt sind, gespeichert sein. Der Bürger kann dabei über das sogenannte Datenschutzcockpit abfragen, welche Behörde seine Daten an andere automatisiert mitgeteilt hat. Durch das Onlinezugangsgesetz soll es dem Bürger ermöglicht werden, Verwaltungsdienstleistungen online beantragen zu können. Die hierzu erforderlichen Daten sollen sich die Behörden dabei – sofern vorhanden – untereinander selbst besorgen. Dabei entscheidet stets der Bürger, ob dieser automatisierter Datenaustausch stattfindet oder nicht. Der Vortrag schließt mit dem Hinweis, dass aufgrund der ganzen Digitalisierungsanforderungen auch die Behörden teilweise nur ein kleines Rädchen sind, das mit den übergeordneten Anforderungen zurecht kommen muss (mehr…).

 

Dr. Jennifer Antomo von der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz kann leider nicht persönlich bei der Fachtagung anwesend sein, wird aber per Videoübertragung – ein Novum in der Geschichte der bayerischen Fachtagungen – online zugeschaltet. Sie referiert über die rechtliche Beurteilung von Privatscheidungen. Eine Privatscheidung ist in Deutschland untersagt, zur Scheidung bedarf es einer gerichtlichen Entscheidung. Bei Privatscheidungen kann man unterschieden zwischen Privatscheidungen mit behördlicher Mitwirkung (insbesondere Registrierungsvorschriften der Scheidung) und reinen Privatscheidungen. In der EU gibt es Staaten mit gerichtlichem Scheidungsmonopol (z.B. Deutschland, Österreich), Staaten mit Gestaltungsentscheidungen anderer staatlichen Behörden, z.B. Portugal oder Rumänien, und Staaten mit registriertem Vertrag der Ehegatten, z.B. Italien, Spanien, Frankreich oder Griechenland. Als Kriterium für die Unterscheidung von Privatscheidung und Verfahrensscheidungen gilt unter anderem die Überlegung, durch welchen Akt die Scheidung herbeigeführt wird (Vertrag der Ehegatten, der lediglich registriert wird, oder durch behördliche Entscheidung). Bei der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung gibt es Unterschiede, so ist z.B. eine Privatscheidung in der EU nicht über Brüssel IIa anerkennungsfähig. Prüfungsmaßstab bei der Prüfung von Privatscheidungen ist dabei nicht der Prüfungskatalog des § 109 FamFG, sondern eine vollständige materielle Kontrolle. Die Referentin verweist außerdem auf die zum 01.08.2022 in Kraft tretende Brüssel IIb-Verordnung, die unter anderem auch EU-Privatscheidungen einbindet. Dänemark nimmt weiterhin nicht an der Brüssel IIb-Verordnung teil (mehr…).

 

Im letzten Vortrag der Fachtagung befasst sich Dirk Uhrig, Standesamt Neuwied, mit der sog. elektronischen Sammelakte in der täglichen Praxis. Darin gibt er zunächst einen Überblick über die Einführung der elektronischen Sammelakte in Rheinland-Pfalz. Außerdem stellt er die Qualitäts- und Sicherungsanforderungen an die elektronische Sammelakte dar und gibt Hinweise zur Beweiskraft gescannter öffentlicher Urkunden nach § 371b ZPO, wofür notwendig ist, dass die Dokumente nach dem „Stand der Technik“ eingescannt werden. Er weist darauf hin, dass die Umsetzung der TR-RESISCAN (BSI TR 03138) des Bundesamtes für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) die Erfüllung des Erfordernisses des § 371b ZPO gewährleistet. Darüber hinaus stellt er die notwendige Hardware (Flachbettscanner und Photoscanner) sowie die jeweiligen Vor- und Nachteile der Systeme vor. In der Umsetzung mit dem Fachverfahren AutiSta geht er auf die Anbindung der Hardware und Übertragung der eingescannten Dokumente, das Dokumentenmanagement und die Beweissicherung durch die elektronische qualifizierte Signatur ein. Er beschließt seinen Vortrag mit einer Darstellung der gemachten Erfahrungen beim Standesamt Neuwied, der zu bewältigenden Herausforderungen bei der Einführung der elektronischen Sammelakte sowie den Änderungen der Arbeitsabläufe im Standesamt in den Bereichen Geburtsbeurkundung, Eheschließungen und Sterbefallbeurkundungen durch das zusätzliche Scannen mit qualifizierter Signatur (mehr…).

 

Der Vorsitzende des Fachverbandes, Mathias Müller, bedankt sich bei allen, die zur Fachtagung nach Coburg gekommen sind und damit ihr Interesse an den Vorträgen und der Arbeit des Fachverbandes bekundet haben sowie bei allen, die zum Gelingen der Fachtagung beigetragen haben. Er schließt die Veranstaltung und wünscht allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine gute und sichere Heimfahrt.